Als die industrielle Revolution Kristiansand erreichte

Welche Bedeutung hatte die Wasserkraft für die industrielle Entwicklung in Kristiansand? Antworten darauf findet man an mehreren Orten – doch nur wenige sind so anschaulich wie bei den Høie-Fabriken und genau hier an der Lona.

Eine Sepia-Postkarte mit einem großen Backsteingebäude neben einem Fluss und einem Wald dahinter. Illustration. - Klikk for stort bildePostkarte der Høie-Fabriken, ca. 1910–1911 O. D. Sundbø, Geschichtsverein Torridal

Vor Ihnen liegen die Überreste des Wasserspeichers „Lona“, der einst aufgestaut wurde, um die Høie-Fabriken mit Wasserkraft und Elektrizität zu versorgen. Die Høie-Fabriken waren eine tragende Säule der aufstrebenden Gemeinschaft in Mosby – und die Wasserkraft war eine entscheidende Voraussetzung für ihr Bestehen.

Der Wasserspiegel des Speichers wurde später abgesenkt; nur die Verfärbung im Fels zeigt heute noch, wie hoch das Wasser einst stand.

Unten sehen Sie eine Karte, die die Lage der Lona im Verhältnis zu den Høie-Fabriken zeigt.

Die Fabriken im Høie-Gewässersystem

Die Nutzung von Wasserfällen für Mühlen, Kornmühlen und Sägewerke reicht an der Südküste Norwegens mehrere Jahrhunderte zurück. Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden viele mechanische Textilbetriebe – einige davon nutzten das Wasser aus Flüssen und Bächen, wie auch im Høie-Gewässersystem, das aus der Lona gespeist wird.

Die erste Spinnerei hier wurde 1850 von P. J. Lilloe gegründet – weitere Betriebe folgten. Leider war die Rentabilität gering, und viele dieser Textilfabriken gingen in Konkurs. Im Jahr 1882 wurden die Betriebe entlang des Høie-Gewässers zu den Høie-Fabriken zusammengeschlossen.

1904 übernahm Oscar Jebsen die Fabriken. Unter seiner kompetenten Leitung wuchs das Unternehmen rasch und wurde zu einer der größten und führenden Textilfabriken Skandinaviens – mit mehreren Hundert Angestellten. Die Textilwaren galten als erstklassig im europäischen Vergleich. Nach über 150 Jahren Produktion wurde die Fertigung 2007 ins Ausland verlagert.

Die Bedeutung der Fabrik

Ein Schwarz-Weiß-Bild zeigt mehrere alte Industriewebstühle in einer großen Halle. Links sind Fenster zu sehen. Fotografie - Klikk for stort bildeDie Fabrikhalle der Høie Fabrikker im Jahr 1922. Anders Beer Wilse, Norwegisches Volksmuseum

Die Fabrik beschäftigte eine vielfältige Belegschaft, die auf zahlreiche Abteilungen verteilt war. Dazu zählten Weber, Schärer, Spuler, Tuchputzer, Färbereiarbeiter und viele mehr – neben Vorarbeitern und Angestellten. Es war schwierig, Fachkräfte zu finden. In den 1880er-Jahren stammte nur etwa die Hälfte der Arbeiter aus der Region. Viele kamen aus Sunnmøre, andere wurden in Schweden angeworben. Für die Beschäftigten wurden großzügige Arbeiterwohnungen gebaut, außerdem gab es eine Suppenküche und Unterkünfte für alleinstehende Arbeiter. Manche mieteten Zimmer bei Einheimischen, und diejenigen, die sich dauerhaft in Høie niederließen, suchten sich meist Häuser mit einem kleinen Stück Land in der Nähe der Fabrik.

Die Unternehmensleitung zeigte gerne soziales Engagement. Neuankömmlinge wurden besonders herzlich willkommen geheißen, und es gab Zuschüsse für gemeinsame Veranstaltungen und Ausflüge. Während des Zweiten Weltkriegs tat die Fabrik mehr als viele andere Betriebe, um die Belegschaft durch diese schwere Zeit zu bringen – unter anderem durch die Verteilung von Gratifikationen und Lebensmitteln.

Agder als Wasserkraftregion

Wasserkraft ist ein bedeutender Wirtschaftszweig für Agder. Die Nutzung reicht von der mechanischen Kraftgewinnung durch Mühlen und Sägen an Flüssen bis hin zur Erzeugung von elektrischem Strom. Mit der Elektrifizierung wurde es möglich, Energie an einem Ort zu erzeugen und an einem anderen zu verbrauchen. Dadurch entwickelte sich die Elektrifizierung der norwegischen Gesellschaft parallel in Stadt und Land – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, wo zunächst nur die Städte elektrifiziert wurden. Das zeigt sich auch bei den Høie-Fabriken: Als 1902 erstmals elektrische Energie für die Fabrik produziert wurde, entstand gleichzeitig ein Stromnetz in Mosby. So erhielten die Einwohner von Mosby deutlich früher elektrischen Strom als andere ländliche Orte der Region. Kristiansand selbst wurde bereits 1900 vom Kraftwerk Kringsjå in der Gemeinde Iveland mit Strom versorgt. Dieses Kraftwerk ist heute stillgelegt.

Wasserkraft ist nach wie vor von großer Bedeutung für Agder: Das Gebiet steht für rund 12 % der gesamten Wasserkraftproduktion Norwegens. Ein besonderer Vorteil Agders ist der hohe Anteil an Speicherkapazität in den Wasserkraftwerken, was eine gleichmäßige und stabile Stromerzeugung ermöglicht. Dadurch kann Agder zur Versorgungssicherheit beitragen, auch während des Ausbaus neuer Formen erneuerbarer Energie voranschreitet. Obwohl Agder einen erheblichen Teil zur norwegischen Energieproduktion beiträgt und aktuell einen Stromüberschuss hat, wird für die kommenden Jahre ein deutlicher Anstieg des Energiebedarfs erwartet.

Norwegen ist heute der größte Wasserkraftproduzent Europas und der siebtgrößte der Welt. Im Land sind über 1600 Wasserkraftwerke in Betrieb. Entlang des Setesdal und der Reichsstraße 9 können mehrere dieser Kraftwerke besichtigt werden.

Wanderwege in der Umgebung von Lona und den Høie-Fabriken.